Ja, ich habe gestern das Fußballspiel geschaut. Ich gebe es zu. Ganz am Anfang habe ich auch mal kurz über meinen persönlichen Fernsehboykott der Spiele nachgedacht. Das erste Spiel der Deutschen Nationalmannschaft habe ich dann nur halb geschaut, es lief im Wohnzimmer, ich ab parallel in der Küche Plätzchen gebacken. Aber die beiden anderen Spiele haben mich dann doch vor den Fernseher gezogen. Und ich habe sogar bis zur letzten Minute noch auf einen Ausgleich der Spanier gegen Japan gehofft und ein Weiterkommen der Deutschen Mannschaft. Auch wenn die WM in Qatar stattfindet! – Ich fand damals die Wahl von Qatar als Austragungsort nicht glücklich, die Wahl der Adventszeit auch nicht sehr passend. Und ich fand wichtig die vielen Diskussionen im Vorfeld (leider erst so spät) über Menschenrechtsverletzungen in Qatar, über die Bestechlichkeit der FIFA und ein ungutes System. Aber ich bin eben doch von klein auf fußballbegeistert aufgewachsen, so dass es mir jetzt echt schwer gefallen wäre so gar keine Notiz von der WM zu nehmen. Ich finde es unverzichtbar bei der Vergabe von solchen sportlichen Großveranstaltungen in der Zukunft stärker Kriterien wie Nachhaltigkeit und Menschenrechtssituation im Land in den Blick zu nehmen und auch Hochrechnungen über die Ökobilanz der Spiele (das Herunterkühlen von Stadien in Qatar z.B. ist angesichts der Energie- und Umweltprobleme dieser Welt nicht hinnehmbar!). Aber ob ein Boykott, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen war, jetzt richtig gewesen wäre? Auch mal die arabische Welt mit einer Fußballweltmeisterschaft zu bedenken, erschien mir nicht falsch. Und Sport soll Menschen zusammenführen. Sport Sport sein lassen, aber in der Politik entschiedener hinzusehen, mit wem wir welche Geschäfte machen und wie hier Menschenrechte nicht nur mal kurz pflichtgemäß angesprochen werden, sondern wichtiges Kriterium politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen bilden können. Darauf käme es doch mehr an, oder? Allerdings dabei nicht selbstgerecht zu sein, sondern auch den Balken im eigenen Auge zu sehen: bei uns gibt es auch Verstöße gegen Menschenrechte! – Na ja, jetzt ist Deutschland ausgeschieden. Und die Welt dreht sich einfach weiter. Bei der Konfistunde in der Carl-Ludwig-Jessen- Schule und der anschließenden Adventsandacht im Nis Puk heute jedenfalls ging es mit keiner Silbe um Fußball – sondern um die heilige Barbara und Wichern mit dem Adventskranz und um den heiligen Nikolaus. Oder einfach darum: dass Gott uns an Weihnachten beschenkt und will, dass jeder Mensch erhobenen Hauptes durchs Leben gehen darf. Weil Gott sich aus dem Himmel zu uns herabbeugt um uns aufzurichten! – Und die Familie in Nepal, deren Vater beim Stadionbau in Qatar ums Leben kam? Und die ukrainische Familie, die letzte Nacht ausgebombt wurde? Und der junge Mann, der schon seit Wochen in Hamburg unter der Brücke schläft? Es reicht nicht die Weihnachtsbotschaft zu predigen. Gott will, dass wir sie leben und so Menschen ihre Würde zurückgeben. Die einen lassen den Fernseher aus. Andere gehen auf die Straße. Oder unterstützen den Hilfskonvoi, der gerade von Klanxbüll Richtung Ukraine unterwegs ist. Oder besuchen den Mann unter der Brücke und haben für ihn eine Idee. Oder packen ein Weihnachtspäckchen für jemand, der damit gar nicht rechnet. Und Weihnachten ist gar nicht mehr weit...
Foto: Adventskranz nach Wichern, heute in der C-L-J-Schule. Start mit einer weißen Kerze am 27. November. Na – welches Datum ist heute?