War das besonders gestern! Wie ein Revival aus einer längst vergangenen Zeit, nur noch schöner! Wir durften gestern Gottesdienst feiern – ich meine, ja: Gottesdienst, so ohne eine dreiviertel Stunde mit dem Mundschutz zu kämpfen, der einem das Atmen schwer macht, denn bei Open-Air-Gottesdiensten besteht keine Mundschutzpflicht mehr, wenn die Abstände eingehalten werden können. Und wir durften: mitsingen – also nicht einfach innerlich, mit dem Herzen, auch nicht einfach mitsummen unter besagtem Schnutenpulli, auch nicht nur Playback ohne Ton, nein, mit richtigem Auf- und Zumachen des Mundes und Herauslassen der Töne. Richtig ungewohnt war das, und wir wollten es auch nicht übertreiben, sangen leise mit, aber sangen eben: Wie lieblich ist der Maien. Oder: Geh aus mein Herz und suche Freud. Ja, es war Gottesdienst, wie wir ihn von früher her kannten, nur die Gartenstühle auf dem schönen Platz auf dem Neugalmsbüller Friedhof waren weiter auseinandergerückt, aber gerade so füllten sie den ganzen Platz dann auch aus.

Gestern wurden es 100! Ja, gestern, als wir uns in unserem Team auf den Weg machten um im Zentralmarkt Süderlügum einzukaufen und Menschen zu Hause mit Lebensmitteln zu versorgen, die momentan in finanziellem Engpass wegen der Corona-Pandemie sind oder weil die Tafel Südtondern derzeit ihre Ausgabestellen coronabedingt nicht geöffnet hat. Gestern wurden es 100. Ein junges Paar auf dem Parkplatz vor dem Zentralmarkt sprach uns an. Erzählte ihre Geschichte. Und half gleich mit am Ende die leeren Verpackungskisten zu entsorgen und die Wagen wieder zurückzubringen. Die 46. Lebensmittelkiste ging an sie und ihr Kind daheim. Der Adressatenkreis der zu beliefernden Personen stieg damit auf genau 100.

Es fühlte sich gut an. Anders, ungewohnt, aber doch irgendwie gut. Am Sonntag konnten wir erstmals seit 10 Wochen wieder Gottesdienst feiern – also mit Gemeinde vor Ort in der Kirche. Es war anders und fühlte sich neu an, und darum klopfte auch mein Herz bisschen schneller, bevor alles losging. Und ich freute mich schon so sehr darauf! Und es war wie Weihnachten: Alle Plätze belegt! Na ja, mit etwas mehr Abständen als an Heilig Abend, wir durften ja statt der über 200 Plätze nur 20 belegen, aber immerhin: die waren besetzt! Und alle gut verteilt, sogar in der ersten Reihe saß jemand, und das war nicht ich! – Was diese neuen Maßnahmen alles bewirken! Nicht mitzusingen, das war gemein – weil Kolle Feddersen einfach zu schön spielte an der Orgel und so wunderschöne Melodien ausgewählt hat wie „Geh aus mein Herz“ oder „Morgenlicht leuchtet“

Ein altes Amt erwacht zu neuem Leben: In der alten Kirche hatte er eine ganz wichtige, allerdings auch sehr strenge Funktion gehabt: Der sogenannte Ostiarius. Ostium bedeutet lateinisch „Tür“. Und der Ostiarius war bei den alten Römern meist ein Sklave, der den Hauseingang der Villa zu bewachen hatte, dass niemand unbefugt sich Zutritt verschafft. Ja, in der Zeit der frühen Kirche stand ein solcher Ostiarius auch am Kircheneingang. Er war so etwas wie Türsteher und Platzanweiser in einer Funktion. Den Ungetauften zeigte er ihren Platz gleich vorne im Eingangsbereich der Kirche, da sie noch ohne Taufe nicht zu nahe dem heiligen Bereich des Altars kommen sollten. Genau bekamen die Büßer, die wegen Verfehlungen gerade vom Empfang des Abendmahls ausgeschlossen waren, ihren Platz angewiesen. Am Ostiarius kam man nicht so einfach vorbei.

Der Herr erhörte unser Schreien und sah unser Elend, unsere Angst und Not. ( 5. Mose 26,7)

Heute will ich in meinem Impuls nicht viele Worte machen. Diese Tageslosung sagt so viel: Gott erhört! Das ist mehr als einfach zu sagen: Gott hört! Das ist aber auch anders als zu sagen: Gott erfüllt alle unsere Herzenswünsche. Gott erhört heißt: Keiner deiner Herzensseufzer verhallt ungehört. Keine deiner Tränen werden vergossen, ohne dass es jemand bemerkt. Mit keiner Last, die du in deinem Leben zu schultern hast, stehst du so ganz alleine da. Für keinen deiner Wege gilt: Da musst du ganz alleine durch. Denn, das ist das großartige: Du hast einen Gott, der dein Schreien hört, dein Elend sieht, deine Angst und Not. Und mehr noch: der dich erhört! Erhören – das bedeutet: Gott nimmt deine Not sich selber zu Herzen. Er kommt dir ganz nahe! Er packt mit an. Er sucht nach einem Weg, wie es weitergeht. Er wendet sich mit seiner ganzen Liebe, mit all seinem Mitgefühl und Mit-Leiden dir zu. Und er ist nicht dein Gegner: er will dein Verbündeter sein. Sein Herz schlägt für dich! Er sieht und hört dich: und er erhört dich! Das Volk Israel hat es damals in der Sklaverei in Ägypten genau so erlebt. Und du sollst deinen Gott auch so erleben dürfen: einen Gott, der für dich eintritt. Du bist es ihm wert!

Kommt gut und behütet durch diesen Tag!

Euer Pastor Gerald

Lohnt sich Beten? Was meint ihr? Oder darf man gar nicht so fragen? Lohnt sich beten? Wie viel Zeit habt ihr schon mit Beten verbracht? Und, sagt einmal: wie war die Ausbeute? Komisches Wort, Ausbeute…Aber bei anderen Dingen fragen wir doch: Stimmt das Kosten-Nutzen-Verhältnis? In meiner Schulzeit hat uns Jugendliche eine Mundartband begeistert – und ich kenne aktuell mindestens einen ganz großen Fan dieser Gruppe auch hier im hohen Norden, ganz im Norden, im Lübke-Koog nämlich: das war die Gruppe Bap. Kölner Mundart, und Texte mit Tiefgang. Ein Lied dieser Gruppe heißt: Wenn et Bedde sich lohne däät! Und dann zählt der Sänger Wolfgang Niedecken auf, was er alles tun würde, wenn, ja, wenn sich Beten lohnen täte: eine Kerze für Elvis anzünden, für den Feldherrn beten, der nur darauf wartet, dass er verliert, für einen Riesenapplaus für die Klofrau beten (manche Liedzeilen gewinnen in der Gegenwart neue Brisanz, Riesenapplaus fürs Pflegepersonal haben wir erst erlebt!) – und alle Schranken und Grenzen sollten verschwinden und alle Waffen sowieso.