Ein Montag im Pastorat im Zeichen von Corona. 7.30 Uhr. Unser Boxerhund weckt mich in seiner überschwänglichen Art. Jetzt gibt es kein Vertun mehr. Aber immerhin eine Stunde später als sonst, wenn die Kids mit dem Bus in die Schule müssen! Das etwas längere Schlafen genießen wir in diesen Coronazeiten sehr! Also mit den Hunden raus, Frühstück, Zeitung lesen. Die ersten Emails kommen. Rückblende auf den Gottesdienst gestern. Die Windgeräusche auf der Schafweide waren ganz schön laut. Ein anderes Mikro, eine Verbesserung der Technik? Unser rühriges Team um Sigrid und Jorge sind bereits am Tüfteln. Ich versuche mich dieweil im Schreiben einer ersten Hygieneordnung für den Fall, dass wir in unseren Kirchen wieder Gottesdienste feiern dürfen. Wie viele Personen dürfen denn maximal in unsere Emmelsbüller Kirche um allen Abstand einzuhalten?
Gestern hätten sie Vorstellungsgottesdienst gehabt. Die erste Probe in der Kirche für diesen Gottesdienst fand im März gerade noch statt – einen Tag später war dann klar, dass in der folgenden Woche die Schulen geschlossen bleiben und damit auch erst einmal nicht mehr an Konfirmandenunterricht zu denken ist. Kommenden Sonntag wäre die erste Gruppe unserer Konfirmandinnen und Konfirmanden mit ihrer Konfirmation an der Reihe gewesen! Jetzt haben wir erst einmal den Vorstellungsgottesdienst in den Juni und die Konfirmationen in den September gelegt, wohl wissend, dass auch das noch nicht gesichert ist.
Als ich am Donnerstag Nachmittag in Klanxbüll zum Seniorenheim Nis Puk kam, um dort für die Bewohnerinnen und Bewohner eine Andacht für den nächsten Tag als Kopie hereinzureichen – Gottesdienst zu halten ist ja noch immer nicht möglich – sah ich etwas eigentlich ganz Normales, zugleich aber doch sehr Besonderes und unheimlich Schönes: Hinter der Absperrung saßen vor dem Eingang einige Heimbewohner draußen in der Sonne, natürlich in entsprechendem Abstand zueinander, und lauschten: Livemusik. Zwei Musiker an Gitarre und Keyboard spielten und sangen wunderschöne alte Schlager.
The Masked Singer geht ins Finale. Ziel ist es so lange wie möglich die Maske aufzubehalten. Wer das am längsten darf, hat gewonnen! Wer hätte gedacht, dass dieses Sendeformat von Pro 7 einmal exakt die Wirklichkeit in unserem Land abbildet! Während dort nächste Woche die letzte Maske fällt, kommt bei uns in Schleswig-Holstein die Maskenpflicht! Ich muss mal ehrlich gestehen, ich war kein Vorbild bisher und eigentlich ganz froh, dass wir sie so lange hier noch nicht hatten. Denn, ja, das klingt jetzt vielleicht komisch, aber irgendwie fand ich den Anblick immer etwas beängstigend, wenn mir Menschen mit solchen Masken begegneten.
50 Meter bis zum Paradies! Dass es in Deutschland für viele Dinge genaue Gesetzesregelungen gibt, ist ja bekannt. Die Corona-Zeit bringt dabei noch ein paar besondere Stilblüten hervor. So gibt es eine „Speiseeis-Abstandsgebot-Schleckverordnung“, kurz SASV genannt (na ja, die Bezeichnung und die Abkürzung habe ich mir ausgedacht, aber vielleicht steht sie ja als solche wirklich im Gesetzbuch drinnen), nach der Eisdielen zwar Eis zum Mitnehmen verkaufen dürfen, dieses aber wirklich auch „mitzunehmen“ ist, und zwar mindestens 50 Meter, bevor man sich an den Verzehr desselben macht. Wer dies an Tagen wie dem heutigen bei strahlendem Sonnenschein einmal selber ausprobieren will: es ist eine gleich in dreifacher Hinsicht große Herausforderung für den eisschleckenden Kunden, die eisschleckende Kundin.
Günter Hirt, katholischer Pfarrer i.R. hier in Horsbüll und Initiator des wichtigen und so segensreichen Lebenshaus-Projektes in Uganda, hat mir anlässlich unseres täglichen Corona-Glockenläutens dieses Gebet zum Glockenläuten geschickt: von Monique van de Ven: „Gott des Lebens, die Glocken erinnern uns: Du bist da. Wir bitten dich: Verbinde unser Beten zu einem tragfähigen Netz der Gemeinschaft untereinander, das uns Ruhe, Kraft und Besonnenheit schenkt. Sei du unser Halt in Unsicherheit, Zweifel und Einsamkeit. Dein Heiliger Geist wirke in unseren Worten und Taten, dass unser Handeln verantwortungsvolle Liebe sei. Hilf uns, nicht im Sturm der Absagen zu erstarren, sondern mit deinen Augen zu sehen und zu erkennen, was in diesen Tagen ANGESAGT ist: Achtung voreinander, Mitgefühl füreinander, Glaubenskraft miteinander. Wo unsere Grenzen beginnen, vertrauen wir auf deine Zusage: „Ich bin bei euch alle Tage.“ Soweit dieses Gebet!
Dir, lieber Günter, ganz lieben Dank, und sei herzlich gegrüßt! Und Ihr Lieben: Lasst euch von den Glocken erinnern, dass Gott da ist und niemanden vergessen hat! - Bleibt behütet!
Euer Pastor Gerald