Was am Ende von der Trauung hängen blieb, war der feierliche Einzug zu einem wunderbaren Orgelspiel: das Brautpaar zog in die Kirche ein. Menschen schauten mit feucht schimmernden Augen zu. – Was am meisten getröstet hat bei der Trauerfeier, war die Orgelintonation des bekannten Leonhard-Cohen-Stücks: Halleluja, als die Urne aus der Kirche getragen wurde – die Musik war so ausdrucksstark, der Klang wie von einer anderen Welt, als grüßte der Himmel und würde sagen: den, den ihr vermisst, er ist doch längst daheim! – Was richtig cool war für die Konfis, war die Orgel, als sie auf einmal Wind of chance intonierte und Yesterday von den Beatles – Kirche kann ja doch richtig spannend sein! – Was super war bei der Kirchenbesichtigung mit den Kindergartenkindern, war die Orgel – und eine konnte sogar „Hänschen klein“ auswendig auf der Orgel spielen. Wie stolz sie war! - Vier kleine Impressionen über die Königin der Instrumente, die Orgel. Sie spielt in unseren Gottesdiensten eine tragende Rolle. Wenn sie loslegt, werden die Menschen von selber leise zu Beginn des Gottesdienst, bereit nun zuzuhören und alles in sich aufzunehmen. Zu ihr kann man feierlich einziehen. Zu ihr kann man mitsingen, weil sie eh lauter ist und auch schräge Sangestöne barmherzig überdeckt. Und vor allem: auch bei sehr kleiner Schar, die am Gottesdienst teilnimmt, hört man das bei den Liedern doch nicht so heraus, weil die Orgel doch allem einen so vollen Klang verleiht. Und ich weiß mich als Pastor riesig gesegnet: auf meiner ersten Stelle im Vogelsberg hatte ich vier großartige junge Leute, die Orgel spielten. Auf meiner zweiten Stelle im Edertal einen begnadeten Organisten und eine junge Organistin, die dann übernahm und auch wunderbar mit großem Repertoire spielte. Und hier durfte ich Christel noch an der Orgel live erleben und habe Ines, habe Kolle und Jorge als Organisten – was seid ihr für ein Geschenk für die Gemeinden!– Heute Abend können wir sie einweihen: die Orgel der Kirche in Neugalmsbüll. Ihr dürft gerne dabei sein! Lasst euch verzaubern von den Klängen, die heute Malte Wienhues diesem Instrument entlocken wird. Jorge Sendler hat sich um die Orgel riesig verdient gemacht und die Restaurierung angeregt und begleitet mit seinem Sachverstand und seinem Rat und damit den Rückbau der Orgel in den ursprünglichen Zustand initiiert, durch den sie nun einen viel volleren Klang hat. Danke, Jorge, was du mit deinen jungen Jahren hier bei uns schon alles bewegt hast, ist phänomenal! Gott sei Dank haben wir unsere Orgeln in den Kirchen und auch noch Menschen, die sie live spielen. Und wenn sie am Heiligen Abend meist ganz am Ende vom Gottesdienst das: O du fröhliche anstimmt- dann ist wirklich Weihnachten! – Bleibt behütet!
Foto: Jorge Sendler
Ja, ich habe gestern das Fußballspiel geschaut. Ich gebe es zu. Ganz am Anfang habe ich auch mal kurz über meinen persönlichen Fernsehboykott der Spiele nachgedacht. Das erste Spiel der Deutschen Nationalmannschaft habe ich dann nur halb geschaut, es lief im Wohnzimmer, ich ab parallel in der Küche Plätzchen gebacken. Aber die beiden anderen Spiele haben mich dann doch vor den Fernseher gezogen. Und ich habe sogar bis zur letzten Minute noch auf einen Ausgleich der Spanier gegen Japan gehofft und ein Weiterkommen der Deutschen Mannschaft. Auch wenn die WM in Qatar stattfindet! – Ich fand damals die Wahl von Qatar als Austragungsort nicht glücklich, die Wahl der Adventszeit auch nicht sehr passend. Und ich fand wichtig die vielen Diskussionen im Vorfeld (leider erst so spät) über Menschenrechtsverletzungen in Qatar, über die Bestechlichkeit der FIFA und ein ungutes System. Aber ich bin eben doch von klein auf fußballbegeistert aufgewachsen, so dass es mir jetzt echt schwer gefallen wäre so gar keine Notiz von der WM zu nehmen. Ich finde es unverzichtbar bei der Vergabe von solchen sportlichen Großveranstaltungen in der Zukunft stärker Kriterien wie Nachhaltigkeit und Menschenrechtssituation im Land in den Blick zu nehmen und auch Hochrechnungen über die Ökobilanz der Spiele (das Herunterkühlen von Stadien in Qatar z.B. ist angesichts der Energie- und Umweltprobleme dieser Welt nicht hinnehmbar!). Aber ob ein Boykott, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen war, jetzt richtig gewesen wäre? Auch mal die arabische Welt mit einer Fußballweltmeisterschaft zu bedenken, erschien mir nicht falsch. Und Sport soll Menschen zusammenführen. Sport Sport sein lassen, aber in der Politik entschiedener hinzusehen, mit wem wir welche Geschäfte machen und wie hier Menschenrechte nicht nur mal kurz pflichtgemäß angesprochen werden, sondern wichtiges Kriterium politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen bilden können. Darauf käme es doch mehr an, oder? Allerdings dabei nicht selbstgerecht zu sein, sondern auch den Balken im eigenen Auge zu sehen: bei uns gibt es auch Verstöße gegen Menschenrechte! – Na ja, jetzt ist Deutschland ausgeschieden. Und die Welt dreht sich einfach weiter. Bei der Konfistunde in der Carl-Ludwig-Jessen- Schule und der anschließenden Adventsandacht im Nis Puk heute jedenfalls ging es mit keiner Silbe um Fußball – sondern um die heilige Barbara und Wichern mit dem Adventskranz und um den heiligen Nikolaus. Oder einfach darum: dass Gott uns an Weihnachten beschenkt und will, dass jeder Mensch erhobenen Hauptes durchs Leben gehen darf. Weil Gott sich aus dem Himmel zu uns herabbeugt um uns aufzurichten! – Und die Familie in Nepal, deren Vater beim Stadionbau in Qatar ums Leben kam? Und die ukrainische Familie, die letzte Nacht ausgebombt wurde? Und der junge Mann, der schon seit Wochen in Hamburg unter der Brücke schläft? Es reicht nicht die Weihnachtsbotschaft zu predigen. Gott will, dass wir sie leben und so Menschen ihre Würde zurückgeben. Die einen lassen den Fernseher aus. Andere gehen auf die Straße. Oder unterstützen den Hilfskonvoi, der gerade von Klanxbüll Richtung Ukraine unterwegs ist. Oder besuchen den Mann unter der Brücke und haben für ihn eine Idee. Oder packen ein Weihnachtspäckchen für jemand, der damit gar nicht rechnet. Und Weihnachten ist gar nicht mehr weit...
Foto: Adventskranz nach Wichern, heute in der C-L-J-Schule. Start mit einer weißen Kerze am 27. November. Na – welches Datum ist heute?
Es ist geöffnet – das erste Türchen am Adventskalender. Der Countdown läuft – noch 23 Tage bis Heilig Abend. Ich liebe Adventskalender. Schon als Kind hatte ich meist drei jedes Jahr – einen mit Schokolade, einen mit Bildern zur Weihnachtsgeschichte und einen selbstgebastelten von meiner Mutter mit besonderen kleinen Geschenken drinnen, Spielzeugautos, Süßigkeiten, Stiften und vielem mehr. Seitdem gab es kein Jahr ohne Adventskalender! In diesem Jahr habe ich wieder einen mit Schokolade – und ein gebastelter ist der Familienkalender. Jeden Morgen reihum darf jemand anderes öffnen. Und da unsere Große aus Hamburg heute zu Besuch da war, hatte sie natürlich den Vortritt (war auch ganz gut so: mit Lippenstift hätte ich nicht so viel anfangen können 🙂. – Zu verdanken haben wir den Brauch im Grunde Johann Hinrich Wichern, der nicht nur den Adventskranz mit damals noch 24 oder auch mehr Kerzen - für jeden Tag ab dem 1. Advent bis Weihnachten eine, die abends im Waisenhaus, das er betreute, angezündet und den Kindern ein passender Abschnitt aus der Bibel vorgelesen wurde. Jeden Tag ein Licht mehr, bis Heilig Abend da war, der Tag der Bescherung, der den Kindern kleine Geschenke brachte, aber vor allem das große Geschenk vom Kind in der Krippe, das sie liebhat! Inzwischen sind unsere Adventskränze abgespeckt auf vier Kerzen, für jeden Adventssonntag eine – aber dafür haben wir die Kalender, die Tag für Tag mit einer kleinen Gabe die Freude auf Weihnachten befördern. Heute also konnte ich mich mitfreuen. Am 4. Dezember bin ich dann selber an der Reihe ein Päckchen zu öffnen! Bin ich gespannt! Aber bis dahin habe ich ja immer noch meinen Schokoladenadventskalender. Mit einer kleinen Süßigkeit in den Tag starten, ist doch auch schön! Und das alles ein Vorgeschmack auf die Liebe, die an Weihnachten für uns bereit liegt: Gott, der unser Leben teilt, weil er dich und mich so unendlich liebt! Also – ran an die Adventskalender. Wie schnell vergeht die Zeit bis zum Heiligen Abend!
Nachher stehen wir am Deich und dürfen, so Gott will, eine Taufe feiern. Ich liebe das: Südwesthörn, bei Sonne oder Wind oder Regen, im Frühsommer oder im Spätherbst, allein mit der Tauffamilie oder umgeben von Badegästen, und oft genug mit besonderen Wettererscheinungen im Moment der Taufe. Einmal kam genau dann die Sonne heraus, nachdem wir vorher schon überlegten die Taufe lieber in die Kirche zu verlegen. Was für ein Moment, wenn dann der Himmel aufreisst!
Nun ist er um, der längste Tag, die kürzeste Nacht. Mit dem Rad fahre ich von der Sitzung nach Hause. Herrlich, um halb zehn abends noch im fast Taghellen unterwegs sein zu können. Es duftet herrlich auf den Feldern. Wer hier im hohen Norden lebt und um die Länge und Dunkelheit der Winter weiß, vermag den Sommer noch mal ganz besonders zu schätzen. Eine Liedzeile habe ich plötzlich im Ohr – eines der für mich schönsten Lieder im Gesangbuch: „Geh’ aus, mein Herz, und suche Freud in dieser schönen Sommerzeit an deines Gottes Gaben.“
Ein besonderer Choral, der in seinen 15 Strophen gar nicht so oft Gott erwähnt, und doch ist Gott in allem präsent: er ist es, der diese Welt und alles, was lebt, so einzigartig geschaffen hat. Ich finde es bemerkenswert, wie Paul Gerhardt in diesem Lied die Schöpfung beschreibt und viele Strophen bei den Tieren und Pflanzen verweilt, ohne den Menschen in den Blick zu nehmen. Wie wusste Albert Schweitzer so treffend demütig zu formulieren: Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will – nix der Mensch Krone der Schöpfung, sondern der Mensch als ein Baustein neben vielen anderen, eingefügt in das Wunderwerk des Lebens und leider oft genug der größte Störfaktor der Schöpfung. Mit der 9. Strophe, die gar nicht so oft gesungen wird, kommt die große Überleitung zum Finale des Liedes: Wenn schon diese Welt so viele Wunder birgt und so herrlich ist mit der Vielfalt des Lebens- wie herrlich und umwerfend muss es erst im Himmel sein: „Ach, denk ich, bist du hier so schön, und lässt du’s uns so lieblich gehn auf dieser armen Erden: Was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden, und güldnen Schlosse werden.“ Wir werden es bestimmt auch in diesem Jahr wieder so manches Mal singen, und noch häufiger werde ich es innerlich vor mir hersummen, unterwegs auf dem Rad oder beim Träumen im Gras oder in einem Gottesdienst. Einer leider nunmehr verstorbenen Dame meiner früheren Gemeinde war die 4. Strophe von „Geh’ aus mein Herz“ die liebste, besonders der wunderschöne Anfang: Die Glucke führt ihr Völklein aus. Gestern hat Martha auf dem Weg zur Schule ein Foto geschossen, da musste ich an diese Dame, Elisabeth mit Vornamen, und diesen Strophenanfang denken. Auf Höhe der Jugendherberge Niebüll war da eine Glucke mit Völklein zu sehen – Familie Schwan, stolz mit Nachwuchs. Was für wundervolle Gaben Gottes, die wir vorfinden können!
Bleibt gut behütet!
Wie wird Friede? Ich wüsste es so gerne! So verfahren wirkt die ganze Situation! Wie wird Friede? Indem wir Waffen liefern, die töten? Oder indem wir keine Waffen liefern und zusehen, wie getötet wird? Wie wird Friede? Wie kann das einmal gehen: Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine? Nach all dem Morden und der Brutalität, mit der Putins Militär gegen die Ukraine, gerade auch gegen die Zivilbevölkerung, vorgeht? Wie wird Friede?
Vor 88 Jahren, fünf Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, hat dazu Dietrich Bonhoeffer auf einer ökumenischen Weltjugendkonferenz Bemerkenswertes gesagt: „Wie wird Friede? Durch ein System von politischen Verträgen? Durch Investierung internationalen Kapitals in den verschiedenen Ländern? D.h. durch die Großbanken, durch das Geld? Oder gar durch eine allseitige friedliche Aufrüstung zum Zweck der Sicherstellung des Friedens? Nein, durch dieses alles aus dem einen Grunde nicht, weil hier überall Friede und Sicherheit verwechselt wird. Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg zur Sicherheit. Denn Friede muss gewagt werden, ist das eine große Wagnis, und lässt sich nie und nimmer sichern. Friede ist das Gegenteil von Sicherung. Sicherheiten fordern heißt Misstrauen haben, und dieses Misstrauen gebiert wiederum Krieg.“ – Wichtige, bis heute aktuelle Worte! Frieden braucht Vertrauen. Aber wie kann Vertrauen wieder entstehen? Es wird viel Zeit, viel Einsatz, viel Bemühen auf beiden Seiten erfordern … Und viel Einsicht, Schuldbekenntnis, überzeugende Gesten auf Seiten derer, die sich gerade als die Aggressoren gebärden. Wie wird Frieden? Das für mich so Bemerkenswerte an Dietrich Bonhoeffer ist, dass er bei dieser ursprünglich pazifistischen Grundeinstellung nicht geblieben ist, sondern später den Weg in den gewaltsamen Widerstand gegen Hitler gefunden und das Attentat vom 20. Juli 1944 mit vorbereitet hat. Überzeugt war er immer, dass wir als Christen schuldig werden, wo wir auf Gewalt setzen. Aber dass wir auch schuldig werden, wenn wir Gewalt nur zuschauen. Es ist besser dem Rad in die Speichen zu fallen als nur die Opfer , die unter das Rad gekommen sind, zu verbinden, so hat er das in einem Vortrag über die Aufgabe von Kirche kurz nach Hitlers Machtergreifung formuliert. – Wie wird Frieden? Ich weiß es einfach nicht. Ich kann nicht gut zusehen bei den Bildern im Fernsehen. Ich denke, wir müssen was tun. Wir müssen dem ukrainischen Volk helfen. Aber was hilft wirklich, auf Dauer, langfristig? – Wenn wir ratlos sind, unsicher, zweifelnd, verzweifelt – dann brauchen wir Worte aus der Bibel, die uns einfach vergewissern: über uns ist einer, der weiß den Weg zum Frieden. Über uns ist einer, der sieht das Leid und die Tränen. Über uns ist einer, bei dem ist Urteil, aber auch Vergebung. Über uns, um uns, in uns ist einer, der hat uns noch nicht aufgegeben. Über uns, um uns, in uns ist einer, bei dem Frieden ist, Zukunft, Hoffnung. So lange er da ist, müssen wir Entscheidungen treffen - aber dürfen vertrauen: einmal soll, muss, wird alles gut werden. Ich weiß nicht, wie. Gott weiß es. Wie sagt die Losung für heute: „Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.“
Bleibt behütet
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Foto: Wie wird Versöhnung? Mit den Konfis waren wir im Juni noch auf Spurensuche zu diesem Thema in der Gedenkstätte in Ladelund.
Foto: Sigrid Brandenburg