Da ist Jesus endlich mit seinen Jüngern in der heiligen Stadt Jerusalem angekommen – und was tut er? Er randaliert! Pardon, aber so muss man das nennen, oder: er stößt die Tische der Händler im Tempel um, im Johannesevangelium treibt Jesus sogar mit einer Gerte regelrecht die Händler aus dem Tempel heraus. Jesus – so ganz anders, als wie wir ihn sonst so kennenlernen, von wegen für so viele ein gutes Wort, sanftmütig und von Herzen demütig. – Aber gerade darum ist mir auch diese Geschichte von Jesus so wichtig. Manchmal kann man nicht einfach schlucken. Manchmal muss man auch mal mit der Faust auf den Tisch hauen. Manchmal muss man deutlich machen, wo eine Grenze überschritten ist. Dazu macht Jesus Mut. Und so richtig es ist, in der Nachfolge Jesu die andere Wange hinzuhalten und lieber Gewalt zu erdulden als selber zu Mitteln der Gewalt zu greifen: manchmal gibt es Situationen, da werden wir anders nicht mehr gehört, da können wir vielleicht sogar ein größeres Unrecht nur so abwenden. Will uns das dieses Geschichte zeigen? Und schon sind wir mitten drin in ganz anderen Fragen, die doch dazu gehören: Darf man sich als Christ wehren, sogar mit Gewalt und Waffen, gegen andere Christen, die aggressiv und übergriffig einfach ein Land überfallen und bombardieren? Heißt zulassen nicht mittun, mitschuldig werden an der Gewalt und dem Unrecht, das täglich passiert? Ich weiß nicht, was Jesus den Kämpfenden in der Ukraine sagen würde. Es kann nur jede, jeder genau hinhören und mit dem eigenen Gewissen entscheiden. – Noch etwas lese ich in der Geschichte von der Vertreibung der Händler aus dem Tempel: Es geht um ganz grundsätzliche Fragen: ist Glaube für Geschäfte da? Geht es um Einnahmen und Profit? Oder sollte es nicht um ganz anderes gehen: Vertrauen in Gott. Und der Kraft göttlicher Liebe! Dafür der Tempel und die Kirchen. Horte eines auf Akzeptanz und Achtung, Annahme und Liebe basierten Zusammenlebens, in dem niemand aus finanziellen Gründen ausgeschlossen bleibt … Ist unser Kirchensteuersystem wirklich das geeignete Mittel einer Kirchenmitgliedschaft? Ich habe meine Zweifel … – Ach Jesus, ich kann gerade gar nicht all den Gedanken folgen, die diese Geschichte anstößt. Ich finde dich da so erfrischend menschlich. Dir platzt die Hutschnur. Das darf und muss auch mal sein! Danke dafür! – Und ihr – bleibt behütet!
Foto: Auf unserem Flohmarkt im Eckhof zugunsten der Humanitären Hilfe Nord von Menschen aus der Ukraine gemalt!
Seid getrost und unverzagt, alle, die ihr auf den Herrn harret. (Psalm 31,25).
Ich liebe diese biblische Sprache, und ganz besonders diese Kombination von „getrost“ und „unverzagt“, wie sie nicht nur hier in den Psalmen, sondern etwa auch bei Josua, der in die Nachfolge von Mose rückt, vorkommt. „Getrost und unverzagt“ – das will der Glaube uns schenken: Trost und Mut, Entschlossenheit. Weil wir spüren dürfen, dass wir nicht alleine da durch müssen, sondern Gott bei uns ist. Weil wir einen großartigen Verbündeten haben und zugleich den, der Zeit und Ewigkeit in Händen hält. Und der auf uns baut und uns etwas zutraut. „Seid getrost und unverzagt“. – Gestern waren wir etwas aufgeregt, was wir Paul zutrauen können. Paul, dem Esel von Bente Lück, die beide gestern bei uns in den Gottesdiensten zu Gast waren. In den Anhänger ging Paul sehr bereitwillig. Für seinen Einzug in die Horsbüller Kirche brauchte es etwas Überredungskünste. Dann ließ er sich aber vorne im Chorraum sehr willig nieder. Na ja, gegen Ende reichte es ihm, und er gestaltete einen feierlichen Auszug. Und dann das gleiche in Galmsbüll nochmal. Er hielt großartig durch und strahlte so eine Eselsruhe und ein Getrostsein aus. Und predigen tat er ja auch noch. Über den Einzug Jesu in Jerusalem und die Begeisterung der Menschen. Über den Herrn, der selber so getrost all dem entgegensah, was auf ihn zukam. Im Garten Gethsemane auch mal zagend, bei seinem Ruf am Kreuz „Warum hast du mich verlassen“ auch ganz schön verzweifelt. Das dürfen wir Menschen auch, wir dürfen auch als Glaubende Angst haben und das auch zeigen. Aber dann wieder wuchs Jesus durch die Kraft des Glaubens über sich hinaus, kümmerte sich um einen verletzten Soldaten, blieb aufrecht im Verhör vor Pilatus, betete am Kreuz noch für seine Peiniger und legte seinen Geist in Gottes Hände. Und Gott sei Dank gibt es dann noch Ostern! Dieses Fest gibt uns Christenmenschen erst den Grund, auch angesichts des Todes nicht zu verzweifeln! –
Kommt gut durch diese ganz besondere, diese Karwoche! Und bleibt: getrost und unverzagt!
„Der Himmel ist durch das Wort des Herrn gemacht und all sein Heer durch den Hauch seines Mundes.“ – Psalm 33,6.
Gott spricht – und es geschieht. So ist es mit dem Himmel. Und so ist es mit allen Geschöpfen, die da sind. So hat Gott auch dich und mich ins Leben gerufen. Weil er das so wollte. Und alles gemacht, was da ist. Alles verdankt sich seinem Wort – seinem großen „Ja, dich soll es geben!“ – Wie heißt es in einem wunderschönen Lied: „Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur“. Gott will dich. Und darum ist es gut, dass du da bist. Und du darfst dieses Geschenk Leben annehmen und das Beste daraus machen. Gott hat mit dir ganz viel vor. Du gründest in einer tiefen Liebe. Erfüllung finden wir Menschen, wenn wir etwas von dieser Liebe Gottes weitergeben können. Gerade auch, wenn uns die weltpolitische Situation so fassungslos macht. Heute ist so ein Tag. Menschen haben wochenlang einen Basar vorbereitet. Alles handmade-Sachen – liebevoll gemachte Sachen. Gestrickt, geschnitten, geklebt, gehäkelt, gesägt, gebacken. Und so startet um 13.00 Uhr im Eckhof in Galmsbüll ein österlicher Basar, dessen Erlös ganz der Humanitären Hilfe Nord für die ukrainischen Gäste, die wir hier in Nordfriesland haben, die diesem schrecklichen Krieg entfliehen konnten, zur Verfügung gestellt wird. Und es gibt drumherum ein buntes Programm: Ponyreiten, Spiele für Kinder, Bastelaktionen, Livemusik, Kaffee und Tee, Würstchen und Kuchen. – Wir freuen uns auf euch!
Bleibt behütet!
Foto: Kleiner Blick auf einen der Stände, die gestern bereits aufgebaut wurden.
Es gäbe so vieles zu kommentieren – die verpasste Gelegenheit zur Impfpflicht. Die Diskussion über ein Gas-Embargo gegen Russland. Aber verzeiht, dass ich noch ganz beseelt bin vom gestrigen Abend: keine Polit-Talkshow, sondern Fußball. Mein Verein von Kindheit an. Die Eintracht. Gegen den großen FC Barcelona. Mit einer Jugendgruppe war ich vor fünf Jahren in Barcelona, und wir waren im Camp Nou: Was für ein Stadion, und was für ein großer Fußballverein. Also: der Fußballabend gestern war magisch, endlich mal wieder auch übertragen bei RTL, ein packendes Spiel, dicke Torchancen meiner Eintracht, die mich in dieser Saison ja bisher längst nicht immer mit großer Fußballkost verwöhnt hat, mit etwas Glück hätten sie dieses Mal noch deutlicher in Führung liegen können nach einer Stunde. So war es das eine Traumtor, das am Ende nicht zum Sieg reichte. Aber immerhin: noch lebt die Hoffnung fürs Rückspiel. Auch wenn es kaum zu erwarten ist: der krasse Außenseiter gegen das Topteam! Aber im Fußball, ihr wisst schon: ist ganz vieles möglich! Und aufstecken gilt nicht! – Und egal wie es am Ende ausgeht: dieser Abend gestern war alles Mitfiebern schon wert! – Im Glauben übrigens ist noch mehr möglich: alles, sagt Jesus an einer Stelle: Alles ist möglich dem, der glaubt. Die Bibel ist ja voller Stories, wo der Underdog gegen den Großen besteht. Der kleine David gegen den großen Goliath. Das kleine Volk Israel gegen das große Ägypten. Die hilflose Frau gegen die Männer mit Steinen in der Hand. Der Aussätzige gegen die Übermacht dieser Krankheit. Die Fischer im kleinen Boot gegen den gewaltigen Sturm. Wunder geschehn. Und Gott ist der Beistand der Kleinen! Ich denke gerade an jemand, der eine schwere Krankheit durchmacht. Ich denke an das Volk, das sich gegen die riesige Atommacht gerade so mutig verteidigt. Ich denke an den Jugendlichen, der von so vielen kleingemacht wird jeden Tag und sich trotzdem sein Herz für das Leben und die Menschen bewahrt. Manchmal kann so ein Fußballspiel auch einfach Mut machen: im Leben zu kämpfen. Nichts zu früh verloren geben. Und noch mehr: zu glauben, zu hoffen, zu lieben bei allen Herausforderungen, die warten. Nichts ist verloren, wenn Gott an deiner Seite steht und du Hoffnung hast!
Bleib behütet!
Foto: So haben wir das Stadion in Barcelona damals gesehen!
Selber konnte er als ältestes von sieben Kindern nach dem frühen Tod des Vaters nur studieren, weil einflussreiche Hamburger Persönlichkeiten ihm das Studium finanzierten. Mit 24 Jahren wurde er dann Hamburger Oberlehrer an der Sonntagsschule für arme Kinder in St. Georg. Ein Jahr später gründete er das „Rauhe Haus“, eine Einrichtung, die Kindern auf der Straße ein Zuhause anbot in einem familienähnlichen Zusammenhalt in Wohngemeinschaften von Lehrenden und Kindern. – Dort hat er so nebenbei dann auch noch den christlichen Adventskranz erfunden, mit dem er in den Kindern, die meist von christlichem Glauben noch gar nichts wussten, etwas Vorfreude auf Jesu Geburt wecken wollte. 1848 ruft er seiner Kirche auf dem Kirchentag in Wittenberg in Erinnerung, wie sehr nötig soziales Engagement für die Kirche Jesu Christi sei. Er verpflichtete sie auf die „Innere Mission“: sich um die Not der Menschen auch vor Ort in den Gemeinden zu kümmern und dabei Verkündigung des Evangeliums und tatkräftiges Handeln und Einstehen für soziale Gerechtigkeit und gegen Armut als zwei Seiten einer Medaille zu erkennen: Reden von Christus und entsprechendes Handeln gehören für einen Christenmenschen zusammen. Heute auf den Tag vor 141 Jahren, am 7. April 1881, ist Wichern gestorben. „Hören und Tun“. Manchmal will ich tun, handeln, jetzt sofort, etwas tun für die Flüchtlinge, für den Frieden, sammele Kleidung und Spielsachen, spende Geld. Irgendwie tut es gut etwas tun zu können bei den schrecklichen Bildern in der Ukraine von diesem menschenverachtenden Krieg, der gegen ein ganzes Volk geführt wird. Dann wieder denke ich: erst mal sortieren, was auch wirklich den Menschen dort hilft, was jetzt gebraucht wird. Manchmal ist es gut nicht sofort handeln zu müssen, vor allem, wenn ich damit bloß mein Gewissen beruhigen will, sondern zu prüfen, abzuwägen, sich einen Überblick verschaffen. Neulich sagte mir jemand: Er habe noch nichts gespendet, er warte erst noch auf das Projekt, wo er merke: Das ist seines, hier ist er gefragt und gefordert, und dann will er mit ganzem Herzen geben. – Manchmal ist es auch anders herum. Ich höre viel und vergesse das Tun. Bereite Gottesdienste vor, begleite Trauerfeiern, kümmere mich um Konfirmandenunterricht, aber vergesse den Nächsten, die Nächste, die mich gerade ganz woanders brauchen würde: vielleicht die Nachbarin, die keinen hat, der ihr mal einkauft. Die Flüchtlingsinitiative, die gerade eine Unterkunft klar macht und auch meine zwei zugegeben linken Hände dennoch hätte gebrauchen können: anpacken kann doch fast jede und jeder! Oder den Menschen, der dringend mal nach Flensburg zum Facharzt gefahren werden müsste. Manchmal diskutieren wir in Kirche so viel um hochtheologische Themen oder um Kirchenreformen und Gottesdienste und fragen gar nicht: wo werden wir eigentlich gerade von den Menschen gebraucht? – Im Gleichnis vom barmherzigen Samariter stolpern der Priester und der Tempeldiener an dem, der überfallen wurde, vorbei – vielleicht, weil sie in Gedanken so sehr beim Gottesdienst waren, dass sie keinen Blick für ihn hatten, oder so in Eile wegen ihrer vielen so heiligen Dienste, dass sie für das Tun der Liebe keine Zeit fanden. Hören und Tun gehört zusammen! Das hat Johann Wichern praktiziert, aber nicht erfunden. Es steht schon in der Bibel. Etwa im Jakobusbrief: „Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein.“ (Jakobusbrief 1,22). Also: Seid ganz Ohr heute – und seid bei der Hand. Es gibt viel zu hören und viel zu tun.
Bleibt behütet!
Letzter Samstag. Konfiausflug. Wir fuhren nach Hamburg. Und bevor es in und auf den Michel ging und dann noch auf dem Jahrmarkt, besuchten wir das Projekt Mitternachtsbus. Das Ehepaar Dams empfing uns dort an der Bundesstraße 101 am lila Bus und schaffte es eine recht muntere Konfirmandinnen- und Konfirmandengruppe wirklich zu faszinieren. Sie erzählten von ihrer Arbeit, wie das abläuft, wenn man abends gegen 20.00 Uhr startet, immer die gleiche Route, damit obdachlose und hilfesuchende Menschen auch wissen, wo sie warten müssen um eine warme Mahlzeit, ein Heißgetränk, einen Schnack oder eben auch weiterführende Hilfe: die Vermittlung eines Übernachtsquartiers, die Herbeiholung ärztlichen Personals und anderes bekommen können. Keinen Abend blieb der Bus stehen, auch in der Coronazeit machten sie sich mit allen Abstandsregeln jeden Abend auf den Weg. Ein Team von 120 Ehrenamtlichen begleitet diese Arbeit, die immer zu viert eine Bustour übernehmen, so dass im Durchschnitt jede, jeder der Ehrenamtlichen eine Fahrt pro Woche begleitet. Die Jugendlichen sahen auf dem Weg durch die Stadt Menschen auf Matratzenlagern vor Kaufhäusern oder unter Brücken. Da bekamen die Worte von Heidrun Dams und ihres Ehemannes nochmal besonderes Gewicht: wie kostbar und wichtig diese Fahrten des Mitternachtsbusses jeden Abend sind. Falls sie sie noch nicht haben sollten – die beiden müssten dringend das Bundesverdienstkreuz überreicht bekommen. Stellvertretend für das ganze Team, das diese Arbeit schultert! Wie heißt es in der Bibel: Gott spricht: Ich werde meinen Engel vor dir her senden. (2. Mose 23,20) In Hamburg wird dieses Bibelwort jeden Abend eingelöst – allerdings sind es immer vier Engel! Übrigens: In unserer Konfigruppe gab es auch so einen Engel – einer reichte am Ende sein Bäckerbrötchen, gerade in Hamburg eingekauft, Frau Dams und meinte: sie könne das doch auf den Touren am Abend für einen ohne Obdach bestimmt gebrauchen! Na, da sind es jetzt schon fünf Engel!
Bleibt behütet!