Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden! Jetzt werdet ihr also konfirmiert! In vier Gruppen, zwei Gruppen erst nach den Sommerferien, auf Euren Wunsch und den Eurer Eltern, in der Hoffnung, dass es Ende August und Anfang September noch ein bisschen leichter wird zusammenzukommen, wenigstens im Familienkreis, und womöglich auch eine Gaststätte für die Feier zu buchen. Wer weiß, vielleicht kann der Gottesdienst sogar im Freien stattinden. Die anderen wollten den Termin, der ursprünglich ausgemacht war, gerne behalten, auch mit guten Gründen. Wer weiß, ob es wirklich über den Sommer besser wird. So feiern wir am 29. Mai in Horsbüll und am 12. Juni in Emmelsbüll Konfirmation und dann am 29. August und 5. September in Klanxbüll. Ja, es war vieles nicht möglich, was sonst zur Konfirmandenzeit dazugehört: Keine Übernachtung in der Kirche gab es, keine Freizeit, zumindest keine, bei der wir über Nacht in einer Jugendherberge waren. Selten konnten wir uns ohne Mundschutz sehen, meist habt ihr einander nur über diese kleinen Kacheln sehen können bei der Digitalkonferenz, denn bis auf ein paar Wochen im Spätsommer und Herbst konnten wir meist Unterricht nur in Onlinekonferenzen statt in Präsenz im Gemeindehaus machen.

Konfis Zoom Konferrenz

Und wenn wir zusammenkamen, galt es immer die Abstandsregeln zu beachten. Übliche Kennenlernspiele und Gemeinschaftsaktionen waren da nur sehr eingeschränkt möglich. Unseren Ausflug in die Gedenkstätte in Ladelund mussten wir absagen, und so mancher gemeinsam gestaltete Gottesdienst, manche Gemeindebegegnung, manches Interview mit Gemeindemitarbeitenden fand nicht statt, weil die Coronalage solche Begegnungen nicht zuließ. Ein schwieriges Jahr liegt hinter euch. „Kinder in der Krise“ titelte kürzlich die Zeitschrift „Der Spiegel“ und richtete die Aufmerksamkeit auf die Entbehrungen, die gerade Kinder und Jugendliche in dieser Coronazeit durchmachen mussten. Ihr könnt davon ein Lied singen: Sportverein, Musikschule, alles lag darnieder. Mit Freundinnen und Freunden durftet ihr euch nicht treffen, zumindest nicht „offiziell“, manchmal nur mit schlechtem Gewissen oder genau abgezählt: eine Person aus einem anderen Haushalt. Schule fand häufig digital statt. Lernen zu Hause – das ist eine ganz schöne Umstellung. Nachfragen, Gruppenarbeit, all das war nicht so möglich. Klassenfahrten, Partys, Ausflüge, Aktionen – all das fiel aus. Geburtstage nur im kleinen Kreis. Und oft genug hat auch euch die Sorge erfüllt jemand Nahestehendes womöglich anzustecken. – Auch für Eure Eltern und Familien war das nicht einfach: euch mit diesen Entbehrungen zu erleben und nun nicht einmal eure Konfirmationsfeier so unbeschwert wie in früheren Jahren mit großem Aufwand vorbereiten zu können. Und doch hatte ich das Gefühl, habt ihr immer versucht das Beste daraus zu machen.

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Viele von euch sind draußen in der Natur und Landwirtschaft unterwegs: mit Pferden, auf dem Trecker, bei euren Lämmern. Ihr seid sehr naturverbunden, und da gab es ja Gott sei Dank keine großen Einschränkungen, und hier in Nordfriesland hattet ihr diese Weite der Landschaft vor der Haustür und wenigstens dadurch viel Bewegungsraum. Wenn wir zusammenkamen oder wenn ihr Fotos von euch schicken solltet, von einer Unterrichtsaufgabe etwa, hattet ihr oft strahlende Gesichter. Wenigstens einen Ausflug konnten wir machen, nach Schleswig in den Herbstferien, kamen ins Bibelhaus und hatten doch reichlich Spaß, als ihr in Nonnentracht schlüpftet oder euch als Buchdrucker betägtet oder Lasse ein ungewolltes, erfrischendes Bad in der Schlei nahm. Ihr habt nicht viele Gottesdienste live erleben können. Aber ihr habt selber einen wie ich finde wunderschönen Vorstellungsgottes- dienst erarbeitet. Mit für mich sehr neuen Methoden, wir ließen ein Handy herumwandern, ihr machtet Kurzclips, interviewtet dabei Menschen zum Thema Barmherzigkeit. Einige zeigten ihre künstlerische Ader, als Herzen aus Hufeisen geschmiedet, eine Kerze gestaltet, ein kleines Bild gemalt wurde. Das Rollenspiel zum Barmherzigen Samariter mit Trecker und allem drum und dran habt ihr super in Szene gesetzt. Und habt euch Gedanken gemacht über Menschen, die barmherzig sind. Ja, in der Gruppe hatten wir auch Spannungen. Nicht jeder kommt gleich mit jedem klar. Wir sahen uns ja auch sehr wenig. – Wir haben gemerkt, wie flapsige Kommentare ganz schön verletzen können. Und manchmal urteilen wir so schnell über andere und haben keine Ahnung, was die im Leben leisten.

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Da war das Video von dem Jungen Ivan, der von seinen Mitschülern ausgelacht und von seinem Lehrer sogar geschlagen wird, weil er jeden Tag zu spät zum Unterricht kommt. Am Ende zeigt sich, warum Ivan immer zu spät kommt: Vor der Schule kümmert er sich um eine ältere Dame, wohl um seine Mutter, die im Rollstuhl sitzt und die er erst in eine Tageseinrichtung bringt. Vielleicht kann das ja einer der Erträge unserer so ganz anderen Konfirmandenzeit sein: dass wir nicht schnell reden, nicht schnell urteilen, sondern erst einmal in jedem Menschen das Wunder Gottes sehen und uns bewusst machen: wir wissen gar nicht, was jeder Mensch jeden Tag zu schultern und zu leisten hat. Wir können nur hinschauen, Hilfe anbieten, füreinander da sein, auch für Menschen, die uns erst komisch erscheinen oder deren Verhalten uns merkwürdig vorkommt. Das Leben ist schöner und erfüllender, wenn wir einander helfen und nicht gegeneinander arbeiten. Und wenn euch einmal jemand verletzt, dann darf jeder, jede von euch wissen: Der andere weiß nichts von eurem Leben. Aber Gott weiß, wie es dir geht, wie du dich gerade fühlst, wie schwer mancher Tag gerade ist. Und Gott ist barmherzig, er hat ein Herz für jedes Menschenkind und wird auch für euch, ihr Jugendlichen, immer da sein – auch wenn euch mal keiner sonst so richtig versteht!

Ihr werdet nun bald konfirmiert. Dass ihr schön feiern könnt, das wünsche ich euch! Dass ihr immer ein so großartiges Zuhause habt, in dem die Tür für euch weit offen ist – wie in der Geschichte vom Verlorenen Sohn! Auch dann, wenn ihr längst erwachsen seid. – Ihr müsst nicht perfekt sein und alles richtig machen. Was immer richtig heißt. Habt einfach ein Herz: für dieses Leben, das manchmal so unperfekt daherkommt. Für eure Mitmenschen, so wie sie sind. Und habt ein Herz für euch: erkennt, was ihr für großartige junge Menschen seid. Und dass Gott mit euch etwas vorhat. Dass Gott euer Herz braucht, um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen. Euer Herz für Menschen und Tiere und die Natur, damit dieser Planet eine Zukunft hat. Es braucht euch, eure Ideen, eure Barmherzigkeit. Danke für die gemeinsame Zeit mit euch! Verzeiht, wo ich euch nicht gerecht wurde. Und gerne möchte ich als Pastor und möchten wir als Gemeinde weiter mit euch im Glauben unterwegs sein. Bleibt unseren Kirchengemeinden gewogen! Wir brauchen euch!

Euer Pastor Gerald